„Du musst von deinem Können überzeugt sein!“

Bei den Olympischen Sommerspielen 2020 werden sich die Athleten erstmals in Karate messen. Wir haben uns mit Sophie Wachter (24), die bereits 2014 bei der Karate-Weltmeisterschaft ganz oben auf dem Treppchen stand, über ihre Chancen unterhalten.

Text: Katharina Dickhoff

Fotografie: Jan de Wild

Verein: Deutscher Karateverband e.V.


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Sophie, wann hast du das letzte Holzbrett zertrümmert?

Noch nie! Karate hat absolut nichts damit zu tun. Wir schlagen weder Bretter noch irgendwelche Ziegel durch (lacht). Ich hoffe, dass wir durch die Teilnahme bei Olympia dieses und weitere Klischees über unsere Sportart endlich loswerden. Denn Karate ist vor allem eine Kampfkunst und hat nichts mit brutalen Keilereien zu tun.

Das heißt, du befürwortest es, dass Karate erstmals olympisch ist?

Ja, klar! Es ist eine große Chance, unsere Sportart auf der olympischen Bühne der internationalen Öffentlichkeit zu präsentieren. Außerdem bekommen wir eine bessere Förderung. Was mich noch etwas skeptisch macht: Zum einen wissen wir noch nicht genau, wie eine solche Förderung aussehen wird. Und zum anderen, kennen wir den Qualifikationsmodus noch nicht zu 100 Prozent. Ich weiß nur, dass die Quali über mehrere Wettbewerbe 2018/2019 laufen wird. Am Ende dürfen maximal zehn Athleten nach Tokyo fahren. Das heißt, es wird höchstens ein Starter pro Land antreten.

Wie bist du zum Karate gekommen?

Den Anstoß bekam ich durch meinen ältesten Bruder. Ich wollte ihm schon immer alles nachmachen. Mit sechs Jahren ging ich darum mit ihm zusammen in den Karateunterricht. Mit zehn Jahren folgte ich ihm in den Talentkader — die Vorstufe des Nationalkaders. Genauso übrigens wie noch zwei andere meiner Geschwister. Mein Bruder wechselte zum Thai-Boxen, doch für mich blieb Karate an erster Stelle. Deshalb zog ich von Welschneudorf, einem kleinen Dorf im Westerwald, nach Frankfurt. Dort ist der Bundesstützpunkt des deutschen Karate Verbandes, wo ich täglich mit meinen Teamkollegen unter den Augen des Bundestrainers trainiere.

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Du trittst in der Disziplin Kata an. Worauf kommt es dabei an?

Bei Kata bist du komplett auf dich alleine gestellt. Es ist sozusagen die Urform des Karate und beschreibt den Kampf gegen einen imaginären Gegner. Ich führe dabei bestimmte Bewegungsabläufe auf der Kampffläche vor. Innerhalb dieser zwei Minuten musst du komplett bei dir und von deinem Können überzeugt sein — da darfst du dich weder von den Durchsagen in der Halle noch vom Applaus auf einer anderen Kampffläche ablenken lassen.

EVAU-Jubelguide für Tokio 2020

Worum geht es?

Kata beschreibt den Kampf gegen einen imaginären Gegner. Sophie und ihre Kontrahentin kämpfen also nicht gegeneinander, sondern führen zwei Minuten lang eingeübte Bewegungsabläufe vor. Eine von ihnen trägt einen roten und die andere einen blauen Gürtel.

Jubeln:

Nach der Kata halten mehr Kampfrichter die Fahne in Sophies Gürtelfarbe hoch.

Wie hoch sind die Chancen, dass wir in drei Jahren mit dir mitfiebern dürfen?

Ich habe das klare Ziel, in Tokyo dabei zu sein. Aber die Quali wird extrem hart. Sollte ich als einzige Starterin antreten, will ich mir natürlich einen Platz auf dem Podium sichern. Dafür muss ich meine Leistung auf den Punkt abrufen und hier und da vielleicht auch noch das Quäntchen Glück haben. So wie im Finale der Weltmeisterschaften 2014 in Deutschland — wer hätte da schon gedacht, dass wir ausgerechnet die starke Konkurrenz aus Japan, dem Land des Karates, mit 3:2 schlagen? Am Ende bekamen wir die erste Goldmedaille, die es für Deutschland in dieser Disziplin jemals gab. Das war einfach unglaublich!